Aus Kreuzen werden Klicks – So können Lotterien ihre Online-Strategie durch Analytics ausbauen

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Geschrieben von Tatjana Hein

Veröffentlicht Juli 17, 2019

Analytics_für_Lotterien

Im Lotteriegeschäft scheint die Welt noch in Ordnung zu sein: Der Gang in die Annahmestelle ist für viele Lottospieler Tradition. Woche für Woche werden die Kreuzchen an der gleichen Stellen gemacht und in manchen Familien werden die Glückszahlen sogar an die nächste Generation weitergegeben. Jede Woche klingeln die Kassen an den Annahmestellen. Vom Studenten bis zum Rentner hoffen alle auf den großen Gewinn!

Doch wie sieht das Lottospielen der Zukunft aus? Die Digitalisierung und das damit einhergehende veränderte Konsumverhalten in der Gesellschaft stellen den Lotteriemarkt vor einige Herausforderungen.

Auch wenn ein großer Teil der Lottospieler sich für die Abgabe Ihres Tippscheins in der Annahmestelle entscheidet, wächst die Zahl der Spieler, die online an den verschiedenen Lotterien, wie Eurojackpot, 6 aus 49 und Co. teilnehmen.

Der Wechsel zwischen den Kanälen erfolgt selbstverständlich und situationsabhängig. Beide Vertriebskanäle werden parallel genutzt und konkurrieren nicht miteinander, sondern ergänzen sich. 

Im Folgenden beschreiben wir die aktuellen Herausforderungen der Lotteriegesellschaften durch die Digitalisierung und zeigen, welche Chancen durch ein erfolgreiches Online-Geschäft warten.

Staatliche Verankerung der Lotterien

Ihr Glück im Spiel haben die Deutschen schon immer gerne versucht. Gesellschaftlich fest verankert, ist die Tatsache, dass die großen Lotterien staatlich organisiert sind. Somit unterliegt der Glücksspielmarkt starken Regularien. Die insgesamt 16 staatlichen Lotteriegesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB) haben den Auftrag die Lotterien, unter Einhaltung klar definierter Richtlinien anzubieten und durchzuführen. 

Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gibt jeder dritte Deutsche monatlich Geld für Glücksspiel aus.

Dieses verstaatlichte Modell der Lotteriegesellschaften zahlt sich einerseits für die Kunden aus, da sie darauf vertrauen können, dass ihre Tipps sicher abgewickelt werden. Andererseits profitiert auch die Allgemeinheit von der Monopolstruktur. Denn es ist sichergestellt, dass ein Teil der Einnahmen der staatlichen Lotterien über diverse Abgaben und Steuern in gemeinwohlorientierte Zwecke fließen.

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Besonderheiten der Branche

Deutsche Lotteriegesellschaften arbeiten in einem Spannungsfeld, das sich nur schwer mit anderen Branchen vergleichen lässt. Denn Glücksspielanbieter müssen Verantwortung übernehmen. Mit jeder Form von Glücksspiel sind gewisse Risiken verbunden, die präventiv eingeräumt werden müssen, das gilt auch für die staatlichen Lottogesellschaften. 

Gleichzeitig kann ein kontrolliertes Angebot nur funktionieren, wenn es attraktiv gestaltet ist, um den Lottospielern ein seriöses und verantwortungsvolles Spiel zu bieten. Zudem müssen potentielle Gefahren wie Spielsucht kontrolliert und somit in Grenzen gehalten werden.

Die Marktverschiebung hin zum Onlinegeschäft

Im Glücksspielmarkt werden jährlich ca. 35 Milliarden Euro umgesetzt, somit ist dieser Markt ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Deutschland.

Im Vergleich: Die inländische pharmazeutische Industrie setzt gerade mal in etwa die Hälfte um.

Die Bruttospielerträge – die Spieleinsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne – haben dabei ein Volumen von rund 15 Milliarden Euro. Davon entfallen gerade mal etwas über zwei Drittel, 10,83 Milliarden Euro auf den regulierten Markt. Ein sehr hoher Anteil, 28 Prozent des gesamten Markts findet in der Illegalität statt. Das betrifft vor allem den Online-Bereich. 

In den vergangenen Jahren hat sich am eigentlichen Spielsystem nicht viel verändert, an den Rahmenbedingungen und den Marktgegebenheiten jedoch umso mehr. Die zunehmende Digitalisierung und die sich damit veränderten Konsumgewohnheiten spielen dabei eine zentrale Rolle. Somit ist mit dem Online-Kanal als weitere Vertriebsmöglichkeit das Geschäft der Lotteriegesellschaften in Bewegung geraten.

Chancen und neue Möglichkeiten durch den Online-Markt

Das Onlinegeschäft der Lotterien bietet verschiedene Möglichkeiten den eigenen Markt zu erweitern. Ein wichtiger Aspekt ist, den bis dato komplett  anonymen Lottospieler besser kennenzulernen. Erstmals eröffnet sich mit der Online-Abwicklung die Option auf eine 360°-Sicht auf den Kunden.

Denn über ihre Websites erfahren Lotterien deutlich mehr über ihre Spieler, als über ihren stationären Verkauf in den Annahmestellen. Es gilt diese neue Chance zu nutzen, ohne den eng gesteckten Rechtsrahmen zu verletzen.

Mit dem Glücksspielangebot im Internet haben sich die Spielregeln also grundlegend geändert. Zudem sind in diesem Bereich viele neue Wettbewerber in den Markt eingestiegen, Tendenz steigend. Daher sind die Lotteriegesellschaften gezwungen aktiv zu werden, um weiterhin den Markt anzuführen. 

Der Kunde muss also als “Steuerungsgröße” wahrgenommen werden, die sich durch verschiedene Maßnahmen beeinflussen lässt. Bislang dachten die Lotterien eher in Produktkategorien, was sie sich aufgrund der wachsenden Konkurrenz aber so nicht mehr erlauben können. Es muss sich also zwangsläufig darauf eingestellt werden, viel näher am Kunden zu agieren und sich in ihn hineinzuversetzen.   

Daten – ein wertvoller Gewinn für die Lotterien

Um das Lottogeschäft online stärker zu etablieren, weiter auszubauen und mit passenden Angeboten und Produkten zu erweitern, sind entsprechende Daten zu den Kunden , ihrem Kauf- und Spielverhalten unabdingbar

Eine Voraussetzung sollte ein gut gepflegtes CRM-System sein. Zwar wird aktuell noch ein Großteil der Einnahmen über den stationären Handel erwirtschaftet und das anonym, aber der Onlinevertrieb gewinnt stetig an Bedeutung.

Damit formuliert sich ein zukünftiges Ziel der Lotteriegesellschaften nahezu von selbst: Die Anzahl der registrierten Kunden erhöhen – das sind zum einen die Online-Spieler und zum anderen die Inhaber von Kundenkarten mit einen fixen Kunden-Account. Dadurch lässt sich natürlich das eigene CRM langfristig sinnvoll ausbauen.  

Im zweiten Schritt ist es dann natürlich essentiell mit Hilfe von Web Analytics das Verhalten der Kunden auf der eigenen Website zu tracken – sowohl im öffentlichen als auch im gesicherten Login-Bereich. Die Analyse dieser gesammelten Daten liefert bereits wichtige Erkenntnisse. Sinnvoll ist es dann diese Ergebnisse mit den Daten des CRMs zu verknüpfen. 

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Aussagekräftiger Single Customer View, basierend auf Firtst Party-Daten

Denn nur so lässt sich ein vollumfängliches Bild  der Kunden und ihrem Verhalten erstellen, das dann zur Ableitung der Kundenbedürfnisse und Anforderungen genutzt werden kann. Wenn diese dann bekannt sind, können Optimierungen vorgenommen werden und unterschiedliche Maßnahmen (beispielsweise Personalisierung, Kundenbindung, Kundenservice, Entwicklung neuer Angebote etc.) umgesetzt werden. 

Möglichkeiten nutzen, Maßnahmen ergreifen

Sobald die genannten Voraussetzungen gegeben und die ersten repräsentativen Daten gesammelt, analysiert und ausgewertet sind, lassen sich schnell erste Maßnahmen datenbasiert umsetzen. Im Folgenden geben wir einige Beispiele, die sich mit einem entsprechenden Datenfundament für die Lotteriebranche entwickeln und umsetzen lassen.

Personalisierung

Eine persönliche Kundenansprache wird im digitalen Umfeld branchenübergreifend immer wichtiger. Anhand der gesammelten Kundendaten lassen sich viele Websitebereiche personalisieren. Neben maßgeschneiderten Startseiten mit den häufig genutzten Services und Produkten der Kunden, können für bestimmte Zielgruppen individuelle Content-Angebote erstellt und ausgespielt werden.

Zusätzlich können E-Mail-Kampagnen mit passgenauen Inhalten und einer personalisierten Ansprache versendet werden. 

Cross- und Upselling

Zudem eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für das Cross- und Upselling. Den Spielern können individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Angebote gemacht werden. Dabei kann es sich um Produkte oder zusätzliche Premium-Leistungen handeln. Diese können anhand der bisher genutzten Produkte und Services und des Kundenverhaltens auf der Website entsprechend erstellt werden.

Falls ein Kunde sich beispielsweise mehrfach ein bisher noch nicht genutztes Produkt angesehen hat und immer wieder eine lange Verweildauer auf der Website des Produkts hatte, ist das ein Indikator für das Interesse des Kunden an diesem Produkt. Also wäre es sinnvoll dem Kunden ein spezielles Angebot zu machen oder ihm weitere Informationen zukommen zu lassen.. 

Allerdings sind hier vom Gesetzgeber klare Grenzen hinsichtlich möglicher Suchtgefährdung gesetzt. Spieler -dürfen nicht exzessiv zum Spielen animiert werden. Die Bewerbung neuer Produkte, muss daher eher subtil erfolgen.  

Alle verfügbaren an einem zentralen Ort sammeln und nutzen? Mit einer Customer Data Platform (CDP) ist das möglich, doch eine CDP bietet noch viele weitere Optionen Daten zu verknüpfen und weiter zu verarbeiten. Alles dazu in unserem Blogartikel:
7 verdammt gute Gründe für eine Customer Data Platform

Suchtprävention

Ein weiterer branchenspezifischer Aspekt ist die Kontrolle von Anzeichen für eine Suchtgefahr und die damit verbundene Prävention. Durch die Kundendaten und die Informationen zum Kundenverhalten lassen sich auch konkrete Rückschlüsse auf das Spielverhalten der Kunden ziehen.

Wenn ein Kunde im Internet oder als Inhaber einer Kundenkarte ein stark überzogenes und extrem häufiges Spielverhalten zeigt und die Anzeichen einer Spielsucht erkennbar sind, darf die Lottogesellschaft ihn nicht zu weiteren Spielen animieren. Sie muss sogar prüfen, ob und wie man dem Kunden helfen kann und im Extremfall können Kunden sogar komplett gesperrt werden. 

Professioneller Kundenservice 

Gerade im Kundenservice sind Daten und deren Verwaltung enorm wichtig. Egal, ob es darum geht die Kontakthistorie im CRM zu dokumentieren oder den Kunden weitere Kanäle und Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zu liefern. Über die Analytics-Daten können die Kanäle identifiziert werden, die die Kunde am häufigsten nutzen. So kann ein Ansatz gefunden werden, wie man den Kunden gerade im Service noch weiter entgegenkommen kann. Mögliche Umsetzungen können dabei die Kontaktaufnahme über Social Media und Whatsapp sein oder die Einführung eines Chatbots.  

Cross-Device-Optimierung

Im digitalen Zeitalter entscheidet der Kunde wann und wo er welchen Service nutzt, Öffnungszeiten gibt es online nicht. Mobile Endgeräte werden dabei immer wichtiger. Mit den gesammelten Daten über eine Analytics-Software können Lotterien identifizieren, welche Geräte ihre Kunden tatsächlich für das Lottospielen im Internet nutzen und dann dahingehend Optimierungen vornehmen.

Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, um den Kunden auch auf den mobilen Endgeräten eine optimale User Experience zu bieten

Der Prozess der Cross-Device-Optimierung fängt bei der passenden Bildschirmauflösung an, geht über die Seitennavigation bis hin zu speziellen Funktionen für die Smartphone- und Tablet-User. Vielleicht wäre sogar eine entsprechende App sinnvoll. Die Daten zur Gerätenutzung geben hier viele wichtige Hinweise, was die Kunden tatsächlich auf welchem Gerät brauchen.

Zusätzlich lassen sich auch Schwachstellen bei den Mobil-Ansichten der Webseiten aufdecken und beheben.  

Alternative Zahlungsmethoden

Im Gegensatz zun den Bezahlmöglichkeiten in den Annahmestellen, bietet der Onlinevertrieb viele weitere Alternativen, die das Lottospielen für die Kunden attraktiver macht. Neben der EC- oder Kreditkartenzahlung, können Lotterien auf andere Zahlungsmethoden wie PayPal,  Klarna, GiroPay, ApplePay oder Paysafe-Karten zurückgreifen. Hierbei können die Kunden, die für sie geeignete bzw. vertraute Zahlungsart wählen.

Mit dem Angebot von unterschiedlichen Zahlungsmethoden können sich Lottogesellschaften flexibel zeigen und ihren Kunden auch beim Bezahlvorgang ein individuelles Erlebnis bieten.   

Zudem könnte der Einsatz von Blockchain-Technologien den Lotteriemarkt gleich aus zwei Gründen noch interessanter machen und revolutionieren.  Zum einen bieten sie als Grundlage von Kryptowährungen eine weitere Alternative zu anderen Bezahldiensten. Zum anderen ist es durchaus vorstellbar, die komplette Spielabwicklung einer Lotterie via Blockchain durchzuführen. Denn die Daten wären auf verschiedenen Rechnern im Netzwerk gespeichert und dadurch vor Ausfällen und Manipulation geschützt. 

Neue Technologien für eigene Produkte

Gerade bei der Produktentwicklung in der Glücksspielbranche gilt es die Kunden mit innovativen Ideen immer wieder zu begeistern. Vor allem die jüngere Zielgruppe verlangt regelmäßig nach Abwechslung und Neuerungen in den Spielerlebnissen. Hierbei kann auch Augmented Reality eine Rolle spielen, wie WestLotto bereits 2017 gezeigt hat. Die Lottogesellschaft testete 3D-Rubbellose, die diese Technik nutzten. Dieses Beispiel zeigt die sinnvolle vernetzung von stationärem und online Handel. 

Gerade bei dieser Verknüpfung der Vertriebswege können neue Technologien verstärkt zum Einsatz kommen und somit den Vertrieb gegenseitig befruchten.  

Fazit

Mit der Abgabe ihres Tippscheins legen viele Lottospieler ihre Träume auf den großen Gewinn in fremde Hände. Dafür benötigt es Vertrauen. Dieses Vertrauen konnte sich der stationäre Handel der Lotterien über Jahre erarbeiten. Beim Bestreben das Geschäft durch den Onlinevertrieb stetig zu erweitern und neue Zielgruppen zu erschließen, darf dieses Vertrauen nicht erschüttert werden.

Daher muss auf einwandfreie Technologien gesetzt werden, um auch im digitalen Lotto-Business an der Spitze zu stehen. Die Lotteriegesellschaften haben das Potenzial im Online-Business bereits erkannt, schöpfen aber noch nicht alle Möglichkeiten und neue Chancen aus.

Hier ist ein datenbasiertes Fundament der Schlüssel im Umgang mit den Kunden und der Erweiterung des Geschäftsmodells. Neben den Vorteilen im Sales-Bereich und einem verbesserten Kundenservice, können die Lotterien viel flexibler auf sich ändernde Kundenbedürfnisse reagieren und zudem auch neue Zielgruppen erschließen.